Lexikon

Hämor­rhoi­den-Behand­lung

Infor­ma­tio­nen für Pati­en­ten

Vie­le Men­schen haben im Lau­fe ihres Lebens kur­ze Epi­so­den eines mil­de aus­ge­präg­ten Hämor­rhoi­dal­lei­dens. Ein­ma­li­ge Blu­tung oder Juck­reiz bil­den sich meist auch ohne Behand­lung zurück. Die Ein­nah­me von Quell­mit­teln (Wei­zen­kleie mit viel Flüs­sig­keit) ver­min­dert das Pres­sen und wirkt daher güns­tig. Der gro­ße Markt an Hämor­rhoi­den­mit­teln (Sal­ben, Cremes, Gels oder Zäpf­chen) lebt von der Spon­tan­hei­lung. Eine Wirk­sam­keit wird bis­lang nicht über­zeu­gend belegt, ja die Bei­mi­schung von Kor­ti­son oder ähn­li­chem (Ste­ro­ide) kann bei län­ge­rer Anwen­dung zur dau­er­haf­ten Schä­di­gung der Anal­haut füh­ren. Die ope­ra­ti­ve Hämor­rhoi­den-Behand­lung kann Lin­de­rung brin­gen, besei­tigt jedoch die Ursa­chen nicht (vor allem Ver­stop­fung und Darm­träg­heit).

Wenn der ver­grö­ßer­te Blut­schwamm jedoch zu anhal­ten­den Beschwer­den führt, so kann eine Ver­ödungs­the­ra­pie (Skle­ro­sie­rung) durch­ge­führt wer­den: Hier­zu wird ein Ver­ödungs­mit­tel (Skle­ro­sie­rungs­mit­tel) ober­halb der Hämor­rhoi­den unter die Schleim­haut des End­darms gespritzt. Die Ein­sprit­zung (Injek­ti­on) erfolgt an 3 Stel­len, wo die zufüh­ren­den Schlag­ader­äs­te an den Blut­schwamm tre­ten [In Rücken­la­ge mit ange­ho­be­nen Bei­nen (Stein­schnitt­la­ge) kann der After wie eine Uhr ein­ge­teilt wer­den; dann ist es bei 3, 7 und 11 Uhr]. Die Schleim­haut des Rek­tums ist schmerz­un­emp­find­lich, wes­halb beim Ein­sprit­zen kei­ne Schmer­zen auf­tre­ten. Es wird ein Druck emp­fun­den, der beim Mann wäh­rend des Ein­sprit­zens im Bereich der Vor­ste­her­drü­se (Pro­sta­ta) manch­mal als leich­ter Deh­nungs­schmerz gefühlt wird. Die Ver­ödungs­mit­tel füh­ren zu einer Ent­zün­dung ohne Bak­te­ri­en (ste­ri­le Ent­zün­dung) an deren Ende eine Bin­de­ge­webs­bil­dung (Ver­nar­bung) steht, die die zufüh­ren­den Gefä­ße dros­selt. Nach eini­gen Wochen wird eine Kon­trol­le durch­ge­führt und bei unge­nü­gen­der Wir­kung die Ver­ödung wie­der­holt.

Schrei­tet die Erkran­kung wei­ter fort, so gibt es für das Sta­di­um II eine Viel­zahl von gleich­wer­ti­gen Behand­lungs­me­tho­den, was gleich­zei­tig dar­auf hin­weist, dass kei­ne die­ser Metho­den unpro­ble­ma­tisch oder den ande­ren deut­lich über­le­gen ist:

Die Gum­mi­band­li­ga­tur wird bei einer Spie­ge­lung durch­ge­führt. Hier­bei wird die Schleim­haut mit dem dar­un­ter­lie­gen­den Hämor­rhoi­dal­kno­ten durch einen Ring gezo­gen oder gesaugt, auf dem ein vor­ge­spann­tes Gum­mi­band sitzt. Wenn der Pati­ent kei­ner­lei Schmer­zen angibt, wird das Gum­mi­band an die Basis des gefaß­ten Gewe­bes gesetzt, sodass es dort abschnürt.

Die Infra­rot­ko­agu­la­ti­on ist im Prin­zip der Ver­ödung ähn­lich. Es wird durch die Infra­rot­be­strah­lung ein “Ver­ko­chen” im Bereich der zufüh­ren­den Schlag­adern erreicht. Hier­durch kommt es zur Ver­nar­bung die­ser Gefä­ße und der Umge­bung und der Blut­zu­fluss in die Hämor­rhoi­den ver­min­dert sich.

Durch Ver­ei­sung (Kryo­the­ra­pie) geht der Hämor­rhoi­dal­kno­ten zugrun­de. Durch ein Spie­gel­in­stru­ment (Prok­to­skop) wird eine Son­den­spit­ze auf den Hämor­rhoi­dal­kno­ten pla­ziert. Dann wird ein Käl­te­fluss für 30–90 Sekun­den frei­ge­ge­ben. Das Gewe­be stirbt ab und wird – ähn­lich wie bei einer ein­ge­klemm­ten Hämor­rhoi­de – inner­halb einer Woche abge­sto­ßen.

Die maxi­ma­le Anal­deh­nung (Anal­di­la­ta­ti­on) wird übli­cher­wei­se in Voll­nar­ko­se durch­ge­führt. Bei ihr wird, nicht wie bei den ande­ren Ver­fah­ren, der Zufluss gedros­selt, son­dern der Abfluss ver­bes­sert, indem der Krampf des inne­ren Schließ­mus­kels (Sphink­ter­krampf) durch­bra­chen und so der Abfluss durch den inne­ren Ring­mus­kel nicht mehr behin­dert wird. Die Deh­nung wird mit den Fin­gern durch­ge­führt.

Die Ein­ker­bung des inne­ren Schließ­mus­kels (Sphinkt­ero­to­mie) geht von der glei­chen Über­le­gung wie die Anal­deh­nung aus. Durch das Ein­ker­ben des inne­ren Ring­mus­kels wird er soweit geschwächt, dass der Krampf ver­schwin­det und damit der Abfluss aus den gestau­ten Hämor­rhoi­den ver­bes­sert ist. Die­se Ope­ra­ti­on kann in ört­li­cher Betäu­bung (Lokal­an­äs­the­sie) oder in Kurz­nar­ko­se durch­ge­führt wer­den.

Die Ent­fer­nung der Hämor­rhoi­den (Hämor­rhoi­dek­to­mie) führt man beim fort­ge­schrit­te­nen Hämor­rhoi­dal­lei­den durch, wenn die “Auf­hän­gung” des Blut­schwamms so weit zer­stört ist, dass eine Aus­hei­lung nicht zu erwar­ten ist. Da sie an den 3 zufüh­ren­den Gefä­ßen ver­schie­den weit fort­ge­schrit­ten sein kann, war­tet man – wenn es die Beschwer­den zulas­sen – bis an allen drei Stel­len das drit­te Sta­di­um erreicht ist, damit eine ein­ma­li­ge Ope­ra­ti­on das Pro­blem dau­er­haft besei­tigt. Die­se Ope­ra­ti­on wird in Voll­nar­ko­se, sel­ten in Rücken­mark­s­an­äs­the­sie durch­ge­führt. Es wird der Hämor­rhoi­dal­kno­ten bis an das zufüh­ren­de Gefäß umschnit­ten. Dann wird das zufüh­ren­de Gefäß mit einem Faden ver­schlos­sen und der Kno­ten ent­fernt. Man­che Chir­ur­gen nähen anschlie­ßend die Schleim­haut wie­der, die meis­ten las­sen die Wun­de offen und ver­län­gern sie zum Sekr­et­ab­fluss bis vor den After.

Äuße­re Hämor­rhoi­den (Peri­anal­ve­nen­throm­bo­se)

Die äuße­ren Hämor­rhoi­den (Peri­anal­ve­nen­throm­bo­se) kön­nen in ört­li­cher Betäu­bung aus­ge­schnit­ten und die Wun­de anschlie­ßend durch Naht ver­schlos­sen wer­den. Ein Auf­ste­chen und Aus­drü­cken des Gerinn­sels (Throm­bus) hat über­wie­gend ein erneu­tes Auf­tre­ten eines Kno­tens zur Fol­ge.

Spe­zi­el­le Ope­ra­ti­ons­ris­ken

Bei allen Ein­grif­fen, die mit einem Durch­tren­nen von Abschluss­mus­ku­la­tur oder einer Wei­tung des Anal­ka­nals ein­her­ge­hen, droht die Abschluss­s­schwä­che (Inkon­ti­nenz). Beson­ders gefähr­det sind älte­re Frau­en, da bei ihnen die Abschluss­mus­ku­la­tur schwä­cher und der Becken­bo­den evtl. durch vor­aus­ge­gan­ge­ne Gebur­ten schon geschwächt ist.

Auch bei Hämor­rhoi­den­ope­ra­tio­nen, bei denen zu viel Haut aus dem Anal­ka­nal ent­fernt wur­de, kann es durch man­geln­de Emp­find­sam­keit (Sen­si­bi­li­tät) zur Abschluss­schwä­che kom­men. Eben­so kann bei ungüns­ti­ger Nar­ben­bil­dung ein völ­li­ger Ver­schluss des Afters ver­hin­dert wer­den oder es kann eine Enge (Steno­se) auf­tre­ten.

Nach vie­len Ein­grif­fen, wie bei den eit­ri­gen Erkran­kun­gen der Anal­fal­te und nach War­zen, aber auch sel­te­ner nach ande­ren Ein­grif­fen ist ein Wie­der- oder Neu­auf­tre­ten der ursprüng­li­chen Erkran­kung mög­lich.

Da der After sehr gut durch­blu­tet ist, kann es zur Blu­tung kom­men, die aber in der Regel­leicht beherrsch­bar ist.

Wegen der guten Durch­blu­tung sind Infek­tio­nen nach einer Ope­ra­ti­on sel­ten, aber ent­zünd­li­che Darm­er­kran­kun­gen oder eine Immun­schwä­che kön­nen zu einer Wund­hei­lungs­stö­rung füh­ren.

Durch die räum­li­che Nähe kann es, beson­ders bei älte­ren Män­nern, zu einem vor­über­ge­hen­den Harn­ver­halt kom­men, der aber durch Medi­ka­men­te oder Ein­mal­ka­the­te­ri­sie­rung über­wun­den wer­den kann.

Der sel­ten auf­tre­ten­de schmerz­haf­te Schließ­mus­kel­krampf (Sphink­ter­krampf) kann durch die Gabe von Mor­phin sofort gelöst wer­den.

Die meis­ten bei der Ope­ra­ti­on ent­nom­me­nen Gewe­be wer­den fein­ge­web­lich unter­sucht, dabei kann sich in sel­te­nen Fäl­len eine Ent­ar­tung, wie zum Bei­spiel bei den Feig­war­zen (Busch­ke-Löwen­stein-Tumor) nach­wei­sen las­sen.

Ver­lauf

Die meis­ten Ein­grif­fe am und um den After kön­nen ambu­lant durch­ge­führt wer­den.

Nach Hämor­rhoi­den­ope­ra­tio­nen liegt meist ein flüs­sig­keits­ge­tränk­ter Stoff­strei­fen im Anal­ka­nal, der ein Fremd­kör­per­ge­fühl her­vor­ruft. Die­ser wird am nächs­ten Tag nach einem Sitz­bad ent­fernt. Damit die ers­ten Stuhl­gän­ge nicht schmerz­haft sind, ver­ab­reicht man ent­we­der ein Quell­mit­tel mit viel Flüs­sig­keit oder ein leich­tes Abführ­mit­tel. In den ers­ten Tagen kön­nen wäh­rend oder nach dem Stuhl­gang eini­ge Trop­fen Blut kom­men. Auch eine für eini­ge Tage bestehen­de Kon­troll­ver­min­de­rung über abge­hen­de Win­de kann auf­tre­ten. Nach dem Stuhl­gang wird der After mit der Hand­brau­se gesäu­bert und abge­tupft.

Nach der Abtra­gung einer äuße­ren Hämor­rhoi­de oder Maris­ke wird der After nach dem Stuhl­gang mit Was­ser gesäu­bert und tro­cken­ge­tupft Nach einer Woche wer­den die Wund­fä­den ent­fernt.

Nach einer Mus­kel­ein­ker­bung wegen eines chro­ni­schen Anal­haut­ein­ris­ses wird der Faden nach einer Woche ent­fernt. Eben­so wie nach Anal­deh­nung ver­schrei­ben man­che Ärz­te ein Gerät (Dila­ta­tor) mit dem der Anal­ka­nal vom Pati­en­ten selbst regel­mä­ßig gedehnt wird, damit kein neu­er Krampf ent­steht.

Nach der Ope­ra­ti­on von eit­ri­gen Erkran­kun­gen der Anal­fal­te, Abs­zes­sen und Fis­teln wer­den die Wund­flä­chen mit einem Ver­band abge­deckt. Regel­mä­ßi­ge Ver­bands­wech­sel mit Wund­kon­trol­le sind erfor­der­lich. Nach dem Stuhl­gang wird die Wun­de aus­ge­duscht. Ab dem 3. Tag wird die Wun­de oft mit einer Farb­lö­sung (z. B. 1–2%iges Gen­ti­a­na­vio­lett) ein­ge­pin­selt, um ein Ver­kle­ben der Wund­rän­der zu ver­hin­dern. Sobald Fleischwärz­chen (Gra­nu­la­ti­ons­ge­we­be) ent­steht, kön­nen mit Sal­ben bestri­che­ne Ver­bän­de ange­wen­det wer­den.

Die Erkran­kun­gen des Afters sind meist durch Schmer­zen gekenn­zeich­net. Neben den all­ge­mei­nen Ope­ra­ti­ons­ri­si­ken droht die Schwä­chung und schlimms­ten­falls der Ver­lust der Abschluss­kraft (Kon­ti­nenz}, der erheb­li­che sozia­le Aus­wir­kun­gen hat. Die Gefahr der Abschluss­schwä­che ist bei Frau­en grö­ßer als bei Män­nern. Wun­den wer­den meist nicht ver­näht, sodass die Wund­hei­lung meist län­ger dau­ert. Bei einer Rei­he von Erkran­kun­gen ist – trotz sorg­fäl­ti­ger und kor­rek­ter Ope­ra­ti­on – die Gefahr des Wie­der­auf­tre­tens hoch.

Tei­le die­ses Lexi­kon­ein­tra­ges sind fol­gen­dem Werk ent­nom­men
• Gerald D. Gie­bel, Her­bert Blöchl: All­ge­mein­chir­ur­gie – Was Arzt und Pati­ent wis­sen müs­sen. Sprin­ger, Ber­lin Hei­del­berg, 1999 (bei Ama­zon kau­fen).
wei­te­re Infos
Hämor­rhoi­den been­den
Blut im Stuhl
Zusam­men­hang von Ernäh­rung, Darm­träg­heit und Ver­stop­fung
• Leit­li­nie der Deut­schen Gesell­schaft für Kolo­pr­ok­to­lo­gie: Hämor­rhoi­dal­lei­den (AWMF-Lei­t­­li­­ni­en-Regis­­ter Nr. 081/007); Stand: 01.04.2019 , gül­tig bis 31.03.2024 (Voll­text)