Krank­hei­ten

Schönheit der Natur
Schön­heit der Natur

Ursa­chen von Über­ge­wicht (Fol­ge 7 von 14)

“Wie­der zu viel geges­sen?” oder “Mal ein biss­chen bewe­gen wür­de schon hel­fen!” sind noch die harm­lo­ses­ten Bemer­kun­gen, die Über­ge­wich­ti­ge über sich erge­hen las­sen müs­sen. Oft­mals hören wir das sogar von unse­ren behan­deln­den Ärz­ten! Wer jedoch als Arzt oder Ernäh­rungs­be­ra­ter das Krank­heits-Sym­ptom Über­ge­wicht (Adi­po­si­tas) fach­lich nicht ver­steht, kann natür­lich nur All­ge­mein­plät­ze ver­brei­ten und ist hil­fe­su­chen­den Pati­en­ten kei­ne wirk­li­che Hil­fe. Dies wird auch deut­lich an einer Grup­pe von Adi­po­si­tas-Betrof­fe­nen, bei denen die Ursa­che eine spe­zi­el­le Erkran­kung ist, am häu­figs­ten die Schild­drü­sen-Unter­funk­ti­on (“Hypo­thy­reo­se”). Ärz­te nen­nen das dabei auf­tre­ten­de Über­ge­wicht “sekun­dä­re Adi­po­si­tas”. So als ob bei ande­ren Dicken das Über­ge­wicht ein­fach vom Him­mel gefal­len wäre (“pri­mä­re Adi­po­si­tas”). So ganz ohne Ursa­che – außer natür­lich, ja, ja, zu viel und falsch geges­sen und zu wenig bewegt …)!

Ich bin an die­ser Stel­le schon vor Jahr­zehn­ten ins Stol­pern gera­ten. Vie­le über­ge­wich­ti­ge Damen ver­si­cher­ten mir damals, ihr Über­ge­wicht sei vor allem durch ihre “Drü­sen” bedingt. Im übri­gen wür­den sie wirk­lich nur wenig essen (“wie ein Spatz”). Damals habe ich das nicht glau­ben kön­nen. Genau­so wenig wie fast alle Medi­zi­ner oder Heil­prak­ti­ker, in deren Köp­fen sich das unse­li­ge Lied von Udo Jür­gens im Kopf fest­ge­setzt hat – “Aber bit­te mit Sah­ne” (1976). Der Sän­ger unter­stellt dabei, dass der vor­zei­ti­ge Tod der besun­ge­nen über­ge­wich­ti­gen Freun­din­nen durch zu viel Tor­ten­es­sen bedingt sei. Heu­te ist mir völ­lig klar: Natür­lich gibt es eine gan­ze Rei­he von “Drü­sen-Erkran­kun­gen” (nicht nur der Schild­drü­se), die zu Über­ge­wicht füh­ren kön­nen. Und bei denen die Betrof­fe­nen tat­säch­lich oft nur wenig essen. Eini­ge der häu­fi­ge­ren Erkran­kun­gen, in deren Fol­ge Über­ge­wicht auf­tritt, zäh­le ich im fol­gen­den auf:

Hypo­thy­reo­se (Schild­drü­sen-Unter­funk­ti­on)

Natur: Übergewicht selten
Natur: Über­ge­wicht sel­ten

Eine Hypo­thy­reo­se führt zu einer Ver­min­de­rung des Grund­um­sat­zes. Fast regel­haft kommt es dann zu einer Gewichts­zu­nah­me (→ Wiki­pe­dia).

Cus­hing-Syn­drom (Hyper­kor­tiso­lis­mus, “zuviel Kor­ti­sol im Blut”)

Kor­ti­sol ist ein Hor­mon der Neben­nie­ren­rin­de und hat zahl­rei­che wich­ti­ge Wir­kun­gen im Orga­nis­mus. Im Hin­blick auf Über­ge­wicht und Adi­po­si­tas ist sei­ne Wir­kung auf den Koh­len­hy­drat- und Ami­no­säu­re-Stoff­wech­sel von Bedeu­tung. Kor­ti­sol führt zu einer Erhö­hung der Blut­glu­ko­se und zu einem Abbau von Pro­te­inen (→ Wiki­pe­dia).

Insu­li­nom (sel­te­ner Insu­lin pro­du­zie­ren­der Tumor)

Die­ses meist gut­ar­ti­ge Geschwulst der Bauch­spei­chel­drü­se (“Pan­kreas­tu­mor”) setzt unkon­trol­liert Insu­lin frei. Die sym­pto­ma­ti­schen Unter­zu­cke­run­gen (“Hypo­glyk­ämien”) bes­sern sich prompt durch Zucker­auf­nah­me. Häu­fig kommt es dann zu einer Gewichts­zu­nah­me (→ Wiki­pe­dia).

Syn­drom der poly­zys­ti­schen Ova­ri­en (PCO-Syn­drom, Stein-Leven­thal-Syn­drom)

Beim PCO-Syn­drom kommt es zu einer poly­zys­ti­schen Ver­grö­ße­rung der Eier­stö­cke (“Ova­ri­en”) mit nach­fol­gen­dem Aus­blei­ben des Eisprungs (“Anovu­la­ti­on”), Aus­blei­ben der Monats­blu­tung (“Amenor­rhö”), über­mä­ßi­ger Behaa­rung (“Hir­su­tis­mus”) und Adi­po­si­tas (→ Wiki­pe­dia).

Hypophysen-Vorderlappen-(HVL)-Insuffizienz

Bei einer Schwä­che der Hirn­an­hangs­drü­se kann es zunächst auf dem Boden eines Man­gels an bestimm­ten Hor­mo­nen (“Soma­to­tro­pin”) zu einer Zunah­me von Fett­mas­sen bei gleich­zei­ti­gem Mus­kel­ab­bau kom­men. Spä­ter kann sich ein Gewichts­ver­lust als Fol­ge des Man­gels des Hor­mons ACTH (“Adre­no­cor­ti­co­tro­pin”) ent­wi­ckeln (→ Wiki­pe­dia).

ande­re Erkran­kun­gen, Behand­lungs­fol­gen

Eine Rei­he wei­te­rer hor­mo­nel­ler Stö­run­gen (zum Bei­spiel Tes­to­ste­ron-Man­gel), und kom­ple­xe­rer endo­kri­no­lo­gi­scher oder neu­ro­en­do­kri­no­lo­gi­scher Erkran­kun­gen wie die Mor­ga­g­ni-Tri­as oder das Achard-Thiers-Syn­drom sowie ver­schie­de­ne erb­lich beding­te Stö­run­gen kön­nen mit erheb­li­chem Gewichts­zu­wachs und Adi­po­si­tas ein­her­ge­hen. Ins­ge­samt sind die­se Stö­run­gen zum Glück sehr sel­ten. Sehr, sehr häu­fig sind jedoch die dick­ma­chen­den Neben­wir­kun­gen von vie­len Arz­nei­mit­teln, die zur Behand­lung ver­schie­dens­ter Erkran­kun­gen ein­ge­setzt wer­den. Hier­über hat­te ich bereits berich­tet (Ursa­chen von Über­ge­wicht, Fol­ge 5 von 14: Medi­ka­men­te.

Was ich – neben ein­zel­nen dick machen­den Erkran­kun­gen – beson­ders wich­tig fin­de, ist die grund­le­gen­de “Den­ke” im medi­zi­ni­schen Umgang damit. Bei den genann­ten Krank­hei­ten oder vie­len tief ein­grei­fen­den Medi­ka­men­ten wird ein immer wie­der ähn­li­cher Mecha­nis­mus deut­lich: Die Gewichts­re­gu­la­ti­on der Betrof­fe­nen wird so schwer gestört, dass es nicht mehr gelingt, das von der Natur vor­ge­se­he­ne, indi­vi­du­el­le Kör­per­ge­wicht kon­stant zu hal­ten. Es ist wie ein feh­ler­haf­ter Hei­zungs-Ther­mo­stat, der die Zim­mer­tem­pe­ra­tur immer höher und höher ein­stellt.

Unab­hän­gig von der “Hei­lung” der Ursa­chen ist Abneh­men für die meis­ten Betrof­fe­nen ein wich­ti­ges Ziel. Das errei­chen wir zum Bei­spiel mit “Friss-ein-Drit­tel!” (FED) sowie Inter­vall-Fas­ten (1x pro Woche, regel­mä­ßig.

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Gesund­heits­be­ra­ter, Ber­lin, 1992–2016. 10. Sep­tem­ber 2014.
Bild­nach­wei­se
• Corel Cor­po­ra­ti­on, 1999.
• 55.000 Fotos (aus “370.000 Clip­Arts”; Pla­net Medi­en, Zug, Schweiz, 1999).
Quel­le
• Wirth A, Hau­ner H (Hrsg.): Adi­po­si­tas – Ätio­lo­gie, Fol­ge­krank­hei­ten, Dia­gno­se, The­ra­pie (4. Aufl.). Sprin­ger Medi­­zin-Ver­­lag, Hei­del­berg, 2013.