(f) Überernährung entspricht einer positiven →Energiebilanz, d. h. die →Energieaufnahme durch die Nahrung übersteigt den →Energieverbrauch. Überernährung ist heute ein Phänomen der westlichen Industrienationen, entstanden in der Nachkriegszeit dieses Jahrhunderts. Die Ergebnisse der Forscher sprechen eindeutig dafür, dass genetische Faktoren Einfluss auf den Energieverbrauch haben, während die Energieaufnahme unter kontrollierten Bedingungen gehalten wurde. Die Zwillingsforschung (→Zwillingsstudien, →Triglyceridsynthesen, →Genetik) gibt interessante Hinweise für die Bedeutung des Energieverbrauchs bei Überernährung. Auf einer geschlossenen Station wurden 6 männliche, monozygote Zwillingspaare 100 Tage mit 1000 kcal/Tag überernährt (Bouchard et al. 1990). Die mittlere Gewichtszunahme betrug 8,1 kg, sie schwankte jedoch zwischen 4,3 und 13,3 kg. Die Schwankungen waren zwischen den Zwillingspaaren 3‑mal so groß wie innerhalb der Paare; unter Beachtung der Fettmasse war die Varianz zwischen den Paaren sogar 7‑mal größer als innerhalb der Paare. Zwischen der zusätzlichen Nahrungsmenge und der →Gewichtszunahme, der Hautfaltendicke als auch der viszeralen →Fettmasse ließ sich keine statistisch signifikante Korrelation nachweisen Abb. 57 . Schon 1902 sprach Neumann von der „Luxuskonsumption“ und dass die Gewichtszunahme bei Überernährung nicht der Überzufuhr an Nahrung entspricht. Eine Überernährung mit →Kohlenhydraten geht mit einer gesteigerten Utilisation einher. Nach etwa 9 Tagen ist ein neuer „Steady state“ erreicht (Schutz 1993). Eine vermehrte Fettzufuhr hingegen senkt die Utilisation von →Fett, was zu einer deutlichen Vermehrung des Depotfettes führt. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Umwandlung von Nahrungsfett in Depotfett nur 4 % der zugeführten Energie, die Speicherung von Glykogen aus Glucose jedoch 12 % der Kohlenhydratenergie verbraucht; die Fettspeicherung verläuft somit äußerst energiearm. Sehr hoher und lang andauernder Kohlenhydratkonsum kann jedoch ebenfalls die Adipositas begünstigen. Unter diesen Umständen – bei gefülltem Glykogenspeicher – synthetisiert der Körper nicht unerheblich Fettsäuren de novo aus Kohlenhydraten (→Lipogenese). Der respiratorische Quotient liegt in diesem Fall über 1. Allerdings benötigt dieser Stoffwechselweg einen erheblichen Teil der zugeführten Energie, nämlich ca. 25 %. Durch Kohlenhydratzufuhr vergrößern sich Fettdepots daher nur, wenn eine erhebliche Überernährung besteht.
Abb. 57 Überernährung monozygoter Zwillinge über 14 Wochen mit 100 kcal/d an 6 Tagen in der Woche (Bouchard et al. 1990).