Lexikon

The­ra­pie, chir­ur­gi­sche

Eine chir­ur­gi­sche The­ra­pie (→chir­ur­gi­sche Ver­fah­ren) soll­te man grund­sätz­lich bei einer →mor­bi­den Adi­po­si­tas in Erwä­gung zie­hen. Die Erfah­rung zeigt, dass es nur in Aus­nah­me­fäl­len mög­lich ist, eine Adi­po­si­tas Grad III (→BMI > 40 kg/m2) mit kon­ser­va­ti­ven Mit­teln erfolg­reich zu behan­deln. Über die Indi­ka­ti­on besteht kein inter­na­tio­na­ler Kon­sens, doch eini­ge Rah­men­be­din­gun­gen haben sich her­aus­kris­tal­li­siert:

  • Alter: kein ope­ra­ti­ver Ein­griff bei Kin­dern und Jugend­li­chen sowie Per­so­nen über 55 Jah­re (rela­tiv), auf­grund des erhöh­ten Ope­ra­ti­ons­ri­si­kos älte­rer Men­schen;
  • Gewicht: BMI > 40 kg/m2 oder 45 kg über dem →Soll­ge­wicht;
  • Frus­tra­ne kon­ser­va­ti­ve →Gewichts­re­duk­ti­on: zwei­ma­lig erfolg­lo­se Teil­nah­me an einem → Gewichts­re­duk­ti­ons­pro­gramm mit mul­ti­fak­to­ri­el­lem The­ra­pie­an­satz und anschlie­ßen­der Schu­lung;
  • Schwer wie­gen­de Begleit­erkran­kun­gen (→asso­zi­ier­te Erkran­kun­gen): →Gonar­thro­se, →Kox­ar­thro­se, Spon­dy­lo­lis­the­sis, schwer ein­stell­ba­rer →Dia­be­tes oder →Hyper­to­nie, ins­be­son­de­re dann, wenn Organ­kom­pli­ka­tio­nen wie →Athero­skle­ro­se oder Mikro­an­gio­pa­thie vor­lie­gen.

Die chir­ur­gi­schen Metho­den der The­ra­pie der mor­bi­den Adi­po­si­tas beinhal­ten: Restrik­ti­ons­tech­ni­ken mit →Magen­re­strik­ti­on, →Öso­pha­gus­band und Kie­fer­ver­drah­tung. Die Magen­re­strik­ti­on stellt die wich­tigs­te Metho­de dar. Mason führ­te, neben dem ers­ten →gas­tri­schen Bypass 1967, 1971 die hori­zon­ta­le und 1976 die ver­ti­ka­le →Gas­tro­plas­tik ein. Bei der →hori­zon­ta­len Gas­tro­plas­tik wird am Magen­fun­dus ein Reser­voir mit nur ca. 10 % des gesam­ten Magen­vo­lu­mens geschaf­fen. Dies geschieht mit Hil­fe eines Abnä­hers, der an der klei­nen Kur­vat­ur beginnt, hori­zon­tal ver­läuft und an der gro­ßen Kur­vat­ur einen Durch­gang von etwa Klein­fin­ger­di­cke belässt. Da sich der Magen­sack mit der Zeit aus­dehnt und das vor­zei­ti­ge Sät­ti­gungs­ge­fühl aus­bleibt, hat man die Metho­de ver­las­sen. Sie besitzt nur noch his­to­ri­sche Bedeu­tung. Die →ver­ti­ka­le Gas­tro­plas­tik beinhal­tet einen selek­ti­ven Ein­griff nur am Magen, das →Intesti­num bleibt unver­än­dert. Bei der Ope­ra­ti­on setzt der Chir­urg zunächst ein run­des Fens­ter an der vor­de­ren und hin­te­ren Magen­wand nahe der klei­nen Kur­vat­ur an. Aus­ge­hend von die­sem Fens­ter näht er den Magen par­al­lel zur klei­nen Kur­vat­ur bis zum His-Win­kel ab. Auf die­se Wei­se ent­steht ein 20–30 ml gro­ßes Magen­re­ser­voir im Fun­dus. Durch das Fens­ter wird ein Band gelegt und so weit ver­engt, dass eine 11–12 mm im Durch­mes­ser brei­te Öff­nung ent­steht. Das ver­klei­ner­te Magen­re­ser­voir ver­mit­telt über pres­so­ri­sche und Deh­nungs­re­zep­to­ren ein Sät­ti­gungs­ge­fühl, wel­ches die wei­te­re Nah­rungs­auf­nah­me hemmt. Beim →Magen­band bringt der Ope­ra­teur ein jus­tier­ba­res Magen­band aus sili­kon­be­schich­te­tem Dacro­num am Fun­dus an, knapp unter­halb der Kar­dia, um durch die Restrik­ti­on eine vor­zei­ti­ge Sät­ti­gung zu errei­chen. Das Magen­band beinhal­tet ein flüs­sig­keits­ge­füll­tes Reser­voir, das mit­tels einer Sprit­ze im Volu­men ver­än­dert wer­den kann (Kuz­mak 1991). Bei den Mal­ab­sorp­ti­ons­tech­ni­ken (→jeju­noi­lea­ler Bypass und ande­re Tech­ni­ken) nimmt man Ein­grif­fe vor­wie­gend am Darm, meis­tens aber in Kom­bi­na­ti­on mit einer Magen­re­strik­ti­on (→Roux-en-Y-Bypass, →gas­tri­scher Bypass und →bili­o­pan­krea­ti­scher Bypass), zur Schaf­fung eines →Kurz­darm­syn­droms vor. Auf­grund einer →Mal­ab­sorp­ti­on ist eine →Gewichts­re­duk­ti­on zu beob­ach­ten. Da jedoch Kom­pli­ka­tio­nen und Neben­wir­kun­gen auf­tre­ten, sind die­se Tech­ni­ken eher zwei­te Wahl. Die kos­me­ti­sche Ope­ra­ti­on kommt bei Adi­pö­sen mit psy­cho­so­zia­len Nach­tei­len und Dis­kri­mi­nie­rung zum Ein­satz. Mit der →Lipo­suk­ti­on las­sen sich loka­le Fett­de­pots haupt­säch­lich an Hüf­ten, Ober­schen­keln, Abdo­men, Kinn u. a. Kör­per­tei­len ent­fer­nen. Eine wei­te­re Indi­ka­ti­on stellt das Absau­gen enor­mer sub­ku­ta­ner Fett­an­samm­lun­gen nach erfolg­rei­cher aus­gie­bi­ger Gewichts­re­duk­ti­on dar. Als Fol­ge ist oft­mals über­schüs­si­ge Haut mit­tels einer →Bauch­de­cken­plas­tik zu ent­fer­nen. Metho­de: Mit einer ca. 12 cm lan­gen, 4–8 mm dicken, vorn abge­run­de­ten Kanü­le und einer seit­li­chen Öff­nung saugt man das Fett in Nar­ko­se ab (aspi­ra­ti­ve Lipop­las­tik). Eine wei­te­re Mög­lich­keit ist die →Der­mo­lipek­to­mie im Abdo­mi­nal­be­reich nach erfolg­rei­cher Gewichts­re­duk­ti­on. Die sich ent­wi­ckeln­de „Fett­schür­ze“ nach Gewichts­ab­nah­me ent­fernt der Chir­urg durch Bauch­de­cken­straf­fung. Hier­bei rese­ziert er vom Scham­be­reich bis unter die Mam­mae Haut und sub­ku­ta­nes Fett. Unter­schied­li­che Schnitt­füh­run­gen sind mög­lich.